Im Waldviertel übte die 3. Panzergrenadierbrigade
und bot den Anlass, auch über das wehrpolitische Umfeld nachzudenken.
Schließlich muss man die Dinge im Zusammenhang mit einem größeren Rahmen
sehen.
Einige Fragen blieben unbeantwortet, vor allem die Fragen nach der
Sinnhaftigkeit des derzeitigen Wehrpflichtsystems, nach dem Milizkader
in den oberen taktischen Führungsebenen, und nach dem Anteil an
Milizkräften generell, die es natürlich auch bei Verbänden mit größerem
Anteil an Berufsmilitärs geben sollte.
Die vollmundige Übungsbezeichnung ‚CORNUCOPIA‘ (‚Füllhorn‘) muss man
optimistisch beurteilen, konnte die 3. Brigade nach Zeiten mehr als
dürftiger – oder sogar fehlender – Übungsbudgets immerhin 12 Tage lang
mit mehr als 1.750 Soldaten üben. Das Bemühen der übenden Truppe war
beachtlich, wenn auch der "sicherheitspolitische Seismograph" angesichts
der offenen Fragen kein Beben registriert hat.
Hier (auszugsweise) der Bericht des Manöverbeobachters Dr. Heinz Gerger, Oberst des Intendanzdienstes aD.
Übung ‚CORNUCOPIA‘
Das Übungsszenario war, dass eine von der UN mandatierte multinationale
Schutztruppe in eine Konfliktregion entsandt wurde, um in einem
Bürgerkrieg gegen bewaffneten Widerstand die Sicherheit wieder
herzustellen und Zivilisten zu bergen. ….
An der Übung nahmen 1755 Soldaten teil. Mit dabei eine Panzergrenadier
Kompanie der deutschen Bundeswehr aus Sachsen (die 'Marienberger Jäger')
mit rund 120 Soldaten auf ihren rund 40 Jahre alten Schützenpanzern Typ
‚Marder‘. Die Männer sind auf 12 Jahre verpflichtete Zeitsoldaten,
deren weitere berufliche Zukunft – wie sie erzählten – völlig offen ist.
…..
Offiziell sollte die Übung den Höhepunkt der Ausbildung aller
Grundwehrdiener darstellen und parallel dazu den Berufssoldaten unter
Einsatz modernster Führungssimulatoren die Möglichkeit bieten, die
Führungsfähigkeit der oberen taktischen Führungsebene zu trainieren.
Das tatsächliche Üben der Grundwehrdiener im Gelände war beeindruckend.
Es stellt sich jedoch die Sinnfrage, da diese Soldaten unmittelbar nach
dieser Übung auf Nimmer-wiedersehen abrüsten und nie mehr zu Verfügung
stehen!!

Der
Einsatz modernster elektronischer Führungsmittel ….. gestattete zufolge
lückenloser Duellsimulationsausrüstung auf allen Gefechtsfahrzeugen und
an der Mannesausrüstung eine Führung des Verbandes in Echtzeit.BM Klug
bei der Truppe
Dadurch ist es möglich geworden, neben dem tatsächlichen körperlichen
Einsatz einer nur mehr kleinen, zur Verfügung stehenden Truppe von nur
einigen hundert Kämpfern auch den virtuellen Einsatz von größeren –
nicht wirklich vorhandenen – Großverbänden zu simulieren und
elektronisch zu führen. Die parallele ‚Zusammenschaltung‘ dieser Teile
war die eigentliche Leistung dieser Verbandsübung. …… Unter den
zahlreichen Besuchern der Übung befanden sich auch der noch im Amt
befindliche Verteidigungsminister Mag. Klug und der Stellvertretende
Generalstabschef Generalleutnant Bernhard Bair. …..
Bei der ständig schlechter werdenden Budgetsituation dieses Heeres
stellt sich die Frage, ob dies tatsächlich die Zukunft unserer
verfassungsmäßigen Einrichtung Bundesheer sein kann und soll? Trotz der
eindeutigen politischen Entscheidung des Wählervolkes zur Erhaltung der
Allgemeinen Wehrpflicht, wird nach wie vor der Schwerpunkt aller
militärischer Aktivitäten in teuren Auslandseinsätzen und – für höhere
Dienstgrade – in der Verwendung in multinationalen Stäben gesucht,
während das Bundesheer längst nicht mehr in der Lage ist, seine relativ
einfachen verfassungsmäßigen Aufgaben im Inland, wie die Sicherung der
lebenswichtigen Infrastruktur für die eigene steuerzahlende Bevölkerung
zu erfüllen!